Warum sich eine Geburt nicht planen lässt
Die erste Geburt: Ein Sturz aus allen Wolken
Vor der ersten Geburt hat man wirklich keine Vorstellung davon, worauf man sich eingelassen hat. Man kann nur hoffen, dass man Glück hat und eine schnelle, komplikationslose Wunschgeburt erlebt – ohne schwerwiegende Verletzungen, sei es körperlich oder seelisch. In dieser Hinsicht war ich sehr naiv und dachte: Meine Mutter, meine Tante und meine Oma hatten alle eine natürliche, komplikationslose Geburt, also wird das bei mir auch so sein. Da ich den Geburtsvorbereitungskurs meiner Hebamme besucht und an einem Schwangerschaftsfitnesskurs teilnahm fühlte ich mich bestens vorbereitet – schließlich lag es ja in meinen Genen. Meine Wunschgeburt war eine natürliche Geburt, bei der ich die Wehen gut veratmen konnte und am Ende erschöpft, aber überglücklich, mein Baby im Arm halten würde. Meine größte Sorge war die Scham, wer mich alles nackt sehen würde, und wie viele fremde Menschen meinen Muttermund untersuchen müssten. Aber ich kann alle Schwangeren beruhigen: Wenn die Geburt in vollem Gange ist, wird euch das absolut nicht mehr interessieren. ^^
Und dann fand ich mich plötzlich im Wehenzimmer des Krankenhauses wieder. Aufgrund abgesunkener Herztöne beim Kontrolltermin nach dem Entbindungstermin wurde uns zu einer Einleitung geraten. Dennoch war ich freudig aufgeregt und voller Zuversicht.
Fruchtblase geplatzt: Willkommen in Phase 2
Am nächsten Morgen um 7 Uhr platzte die Fruchtblase. Alles schien gut zu laufen, meine Wunschgeburt rückte näher, und die Wehen waren erträglich und gut zu veratmen. Doch das änderte sich abrupt. Ich erlebte einen sogenannten Wehensturm, bei dem die Wehen Presswehen-Stärke haben und ohne oder nur mit minimalen Pausen kommen. Ich dachte: Okay, das Baby kommt bestimmt bald, denn schließlich heißt es, wenn die Wehen stark sind und kaum noch Pausen dazwischen liegen, ist die Geburt nah. Aber das war ein Irrtum. Ich war erst bei 2 cm Muttermundöffnung, und als ich das erfuhr, überkam mich Panik. Die Schmerzen waren unerträglich und ohne Pause, also flehte ich um eine PDA. Nach scheinbar endlosen zwei Stunden bekam ich sie endlich. Danach lag ich im Kreißsaal und fiel immer wieder in einen Dämmerzustand. Meine Erinnerungen an diese Phase sind sehr verschwommen, da ich durch die Wehen und den Schlafmangel völlig erschöpft war.
Endspurt fast geschafft: Fehlanzeige…
Als der Abend heranrückte, kam die Hebamme und verkündete, dass wir endlich 10 cm erreicht hätten. Wenn ich einen starken Druck verspüren würde, könnte ich anfangen zu pressen. Sie meinte, unser Baby würde noch vor Ende ihrer Schicht kommen. Wir waren überglücklich. Doch wenige Minuten später betrat die Ärztin den Raum und äußerte ihre Bedenken, da seit einiger Zeit kein Fortschritt mehr erkennbar war. Sollte sich in einer halben Stunde nichts tun, würde ich einen Kaiserschnitt bekommen. Peng! Es fühlte sich an, als hätte sie mir einen Schlag ins Gesicht versetzt. Alles in mir erstarrte, mein Herz setzte aus und begann dann wie wild zu pochen. Sie wollten mich operieren… Nein, auf keinen Fall! Wie konnte das sein? Und sie sagte das einfach so, als wäre es nichts, und ging dann wieder. Es schien niemanden zu interessieren, ob ich damit einverstanden war oder wie ich mich dabei fühlte. Ich war völlig überrumpelt und unfähig, in diesem Zustand etwas zu ändern.
Eine Operation statt einer Geburt: Das war nicht der Plan
Die halbe Stunde verging, und ehe ich mich versah, wurde mein Mann in OP-Kleidung gesteckt, und ich lag festgeschnallt auf einem OP-Tisch. Ich fühlte mich wie auf der Schlachtbank. Mein ganzer Körper zitterte so stark, dass ich kaum sprechen konnte und Angst hatte, mir auf die Zunge zu beißen. Erst später erfuhr ich, dass das Zittern von den Medikamenten kam. Obwohl ich keine Schmerzen spürte, fühlte es sich an, als würde ein Elefant auf mir sitzen, und ich konnte nur schwer atmen. Plötzlich wurde ich auf dem OP-Tisch hin- und hergerissen, und so sehr ich auch versuchte, zu verdrängen, was hinter dem Vorhang geschah, es gelang mir nicht. Als sie unsere Tochter schließlich aus mir herausgeholt hatten und mir zeigten, war ich zunächst erschrocken, weil sie so blau war (man versicherte mir jedoch, dass das normal sei).
Ein Kaiserschnitt: das Gefühl versagt zu haben
Dann wurde sie weggebracht, und mir wurde übel. Leider lag ich fast kopfüber auf dem OP-Tisch, sodass es mir unmöglich war, mich zu übergeben. Irgendwann wurde ich aus dem OP gefahren, aber ich bekam kaum Luft und wurde daher auf die Intensivstation gebracht, da meine PDA wohl zu hoch dosiert worden war. Nach weiteren sechs Stunden durfte ich endlich zu meinem Mann und unserer Tochter auf die Entbindungsstation. Ich kam in ein dunkles Zimmer, frisch operiert, mit unserem ersten Baby im Arm, und wusste nicht, was ich nun tun sollte. Keine Spur von Freude – ich fühlte mich nur allein und völlig überfordert. Ich hatte das Gefühl, versagt zu haben, weil ein Kaiserschnitt für mich keine echte Geburt war, sondern eine Operation, die ich niemals wollte. Und bis heute weiß ich nicht, ob der Eingriff wirklich notwendig war oder ob man den Kreißsaal einfach nur freibekommen wollte.
Fazit
Diese erste Geburtserfahrung hat mir eindrucksvoll vor Augen geführt, wie unvorhersehbar und schwer planbar der Geburtsprozess tatsächlich ist. Trotz aller Vorbereitung und positiver Erwartungen kann die Realität völlig anders verlaufen, als man es sich vorgestellt hat. Die Vorstellung, eine Geburt könnte nach Plan verlaufen, ist eine Illusion, die schnell zerplatzen kann. Stattdessen wird man mit der Unberechenbarkeit des Lebens konfrontiert, die einem abverlangt, loszulassen und sich auf das Unbekannte einzulassen. Rückblickend hätte ich mir gewünscht, besser darauf vorbereitet zu sein, dass es auch anders kommen kann – und dass das in Ordnung ist. Jede Geburt ist einzigartig, und auch wenn sie nicht nach Plan verläuft, bleibt sie dennoch ein kraftvolles und prägendes Erlebnis.
Wer gerne mehr zum Thema Wunschgeburt lesen möchte hier eine Buchempfehlung die mir etwas bei der zweiten Geburt weitergeholfen hat 😉
Ich hoffe ich habe mit meinem Geburtsbericht nun niemanden abgeschreckt und Angst vor der Geburt gemacht, denn das war sicher nicht das Ziel 🙂
Erzählt mir doch von euren Erfahrungen ob positiv oder negativ, schreibt mir in den Kommentaren!
Liebe Grüße eure Christina