Verlust und Hoffnung: Unsere Fehlgeburten

Ein Anfang mit Vorfreude und Naivität

Mit etwa 26 Jahren entschieden mein Mann und ich, dass wir bereit waren, es mit einem Baby zu versuchen. Ich hatte keine Ahnung, was da auf uns zukommen würde und schon gar nicht hatte ich damit gerechnet, dass wir zwei Fehlgeburten erleiden müssten. Ich war fest davon überzeugt, dass ich nach dem Absetzen der Pille und dem Nachweis des Eisprungs schnell schwanger werden würde. Schließlich wird man ja besonders als junge Frau ständig gewarnt, wie schnell das passieren kann. Tja, aber leider blieb die Schwangerschaft aus. Anfangs dachte ich noch, dass es schon klappen würde.

Ich probierte vieles aus: Fertilitätscomputer, Tees, Globuli und andere Mittelchen. Ich möchte gar nicht wissen, wie viel Geld ich letztendlich dafür ausgegeben habe. Ein Jahr verging, und dann endlich, nach vielen negativen Tests und ständiger Angst, dass vielleicht ein Problem vorliegt, hielten wir den ersten positiven Schwangerschaftstest in den Händen. Ich war so aufgeregt und unfassbar glücklich. Es fühlte sich an, als würde ich fliegen, oder wie das erste Mal verliebt sein. Der erste Ultraschalltermin war unglaublich: Ich konnte das kleine Herz schlagen sehen. Es war wunderschön und unbeschreiblich, wie ich mich damals fühlte. Niemals hätte ich gedacht, dass uns dieses Glück genommen werden könnte.

Und plötzlich war da nichts mehr…..Unser erstes Sternchen

Es begann in der achten Woche, mein Mann war geschäftlich unterwegs und wir dachten uns nichts dabei, wieso auch für mich war das Thema Fehlgeburt so abwegig, dass ich keinen Gedanken daran verschwendete. Aber dann war da plötzlich Blut. Sofort rief ich bei meiner Gynäkologin an. Sie beruhigte mich, dass das am Anfang schon mal vorkommen kann, aber ich sollte am nächsten Tag zur Kontrolle vorbeikommen. Ich zitterte vor Angst und traute mich kaum, auf die Toilette zu gehen, aus Angst, dass mehr Blut kommen könnte. Beim Kontrolltermin schlug das Herz und alles schien normal. Doch meine Ärztin sagte auch, dass, wenn es eine Fehlgeburt ist, der Prozess nicht mehr aufzuhalten sei, denn es gilt das “Alles-oder-Nichts-Prinzip”. Ich dachte nur: “Oh Gott, ist die Natur gnadenlos.”

Ich hoffte und betete, aber die Blutungen wurden stärker und innerlich wusste ich es schon, dass wir unser Baby verloren hatten, dennoch gibt es ja immer einen Funken Hoffnung und an den klammerte ich mich fest, aber es half nichts. Ein paar Tage später, beim nächsten Kontrolltermin, sah ich es bereits am suchenden Blick der Ärztin: Da war nichts mehr im Ultraschallbild. Ich werde nie die Wucht ihrer Worte vergessen und wie schnell ich aus der Praxis flüchtete, nur um dort nicht in Tränen auszubrechen. So viele negative Gefühle prasselten auf mich ein und ich sackte in mich zusammen und fiel in ein tiefes schwarzes Loch. Ich war so wütend, schämte mich, hatte Angst und vermisste unser Baby, dessen Herz ich hatte schlagen sehen. Und dann waren da noch all die Leute, die von der Schwangerschaft wussten und informiert werden mussten. Ich war fertig mit der Welt.

Kopf hoch weiter machen und Jeden Monat hoffen und bangen…..

Nach etwa vier Monaten hielten wir dann den zweiten positiven Test in den Händen. Doch auch diese Schwangerschaft endete Tage später in einer Fehlgeburt. Da hatte ich genug. Nie wieder wollte ich das durchstehen müssen. Ich bekam eine riesen Wut auf die Welt und die Natur welche ich als so erbarmungslos empfand und ich hatte genug von Kopf hoch und lächeln. ich zog mich zurück und sprach nur noch mit meinem Mann und ein zwei Freundinnen die mich wirklich verstanden haben und mir Halt gaben. Doch aufhören, für unser Baby zu kämpfen, wollte ich auch nicht. Also vereinbarten wir einen Termin in einer Kinderwunschklinik.

Die Kinderwunschklinik ein Date mit der Zitronenfrau -.-

Ich stellte mir vor, dass in so einer Klinik bestimmt nette und einfühlsame Ärzte und Ärztinnen arbeiten würden, schließlich betreuen sie ja viele Paare die oft traumatisches erlebt haben oder deren letzte Hoffnung dieser Ort bedeutet. Doch leider lag ich damit ziemlich daneben….Die Ärztin welche uns betreute sah aus als ob sie jeden Morgen ein Pfund Zitronen gegessen hatte und war sehr kühl und unsensibel. Und nach dem ersten Termin war ich verletzt, wütend und ungeduldig weil dort erstmal nur geredet wurde und erst bei den nächsten Terminen Untersuchungen geplant waren. Es dauerte also eine Weile bis wir endlich Ergebnisse hatten und jeder Monat in dem ich meine Periode bekam war eine Geduldsprobe, denn es erinnerte mich immer an die Fehlgeburten und zog mich jedes mal wieder in das schwarze Loch. Doch endlich war es soweit die Ergebnisse waren da, es wurde eine Insulinresistenz bei mir festgestellt und ich bekam Medikamente. Das gab mir Hoffnung, aber gut ging es mir damit nicht ich sah ich überall schwangere Frauen und das gab mir jedes Mal einen Stich ins Herz. Ich hätte direkt losheulen können. Und jeden Monat wieder enttäuscht zu werden war mir zu viel….

Reden ist doch Gold 🙂

Ich suchte mir Hilfe bei einer Therapeutin und in einer Online-Community (9Monate Forum). Denn ich musste feststellen, dass kaum jemand über seine Fehlgeburten spricht. Sehr viele Leute sind schlecht informiert, sehr unsensibel und reagieren einfach falsch, wenn es um das Thema Fehlgeburten geht. Die betroffenen Frauen denken oft, sie müssten sich schämen und sich verstecken, weil sie am Ende vielleicht selbst schuld daran sind. Ich werde fast jedes Mal gefragt, in welcher Woche ich unser Baby verlor, und diese Frage stört mich, denn sie zielt darauf ab, dass man weniger Recht zu trauern hat, je kleiner das Baby war.

An alle betroffenen Frauen/Mamis

Ihr seid nicht schuld und ihr habt jedes Recht zu trauern, denn schließlich habt ihr euer Baby verloren, egal wie klein es war. Ihr wart schwanger und in eurer Vorstellung entstand eine Zukunft, eine Familie, und diese ist von einem auf den anderen Tag weg. Es ist wichtig, zu trauern und das zu verarbeiten. Redet mit den richtigen Menschen darüber und ihr werdet sehen, wie viele das gleiche erlebt haben. Es hilft unheimlich, sich mit Gleichgesinnten zu unterhalten. Plötzlich merkt man, man ist nicht allein und das kann entscheidend sein. Vielleicht habt ihr Erinnerungsstücke wie den Mutterpass, Ultraschallbilder, einen Schnuller oder ähnliches, die ihr in eine hübsche Schachtel legt. Das hat mir geholfen, unsere Sternchen in Ehren zu halten. Und zögert nicht euch einen Therapeuten zu suchen das was ihr erlebt habt war schlimm und ihr habt jedes Recht euch Hilfe zu suchen.

Alle guten Dinge sind drei 🙂

Es dauerte etwa sieben Monate nach der zweiten Fehlgeburt, bis wir unseren dritten positiven Schwangerschaftstest in den Händen hielten. Ihr könnt euch vorstellen, was für ein Gefühlschaos in mir ausbrach: Freude, Glück und natürlich unglaubliche Angst.

Die ersten Wochen waren geprägt von intensiven Gefühlen. Jeder Ultraschalltermin war ein kleiner Sieg, jede positive Nachricht ein Funken Hoffnung mehr. Doch die Angst blieb ein ständiger Begleiter. Ich achtete auf jedes Zeichen meines Körpers, machte mir Sorgen um jedes Ziehen und Zwicken. Jeder Besuch beim Arzt war wie ein Balanceakt zwischen Hoffnung und Furcht. Aber mein Partner und ich unterstützten uns gegenseitig, halfen uns durch die schweren Tage und feierten die guten.

Nach den ersten drei Monaten begann ich, mich langsam zu entspannen. Die Ultraschallbilder zeigten ein gesundes, heranwachsendes Baby und ich konnte es kaum glauben. Mein Bauch wuchs und mit ihm auch meine Zuversicht. Ich fing an, Babykleidung zu kaufen, das Kinderzimmer einzurichten und mich auf das kleine Wunder zu freuen, das bald unser Leben bereichern würde.

Die ersten Tritte waren wie Balsam für meine Seele <3

Doch trotz aller Freude blieb immer ein kleiner Restzweifel, eine leise Stimme, die mich an die schweren Zeiten erinnerte. In solchen Momenten half es mir, mit anderen Müttern zu sprechen, die Ähnliches durchgemacht hatten. Ihre Geschichten gaben mir Kraft und Mut. Besonders in der Online-Community fand ich viele Frauen, die mich verstanden und unterstützten. Es war beruhigend zu wissen, dass ich nicht allein war.

Als ich schließlich die ersten Tritte unseres Babys spürte, war das ein unbeschreibliches Gefühl. Es war, als ob das kleine Wesen mir sagen wollte: “Ich bin hier und es geht mir gut.” Diese Momente gaben mir die Sicherheit, die ich so dringend brauchte. Die restliche Schwangerschaft verlief glücklicherweise ohne Komplikationen. Jeder Tag brachte uns dem großen Moment näher.

Und am Ende hielten wir unsere kleine Tochter endlich im Arm 🙂 Die Geburt war hart aber das ist eine andere Geschichte die ich euch noch ausführlich erzählen werde.

Triggerwarnung

Für alle Mamas die mehr zum Thema Fehlgeburten wissen möchten hier einige Infos. Ich bin von solchen Informationen eigentlich kein Fan aber oft finden betroffene Frauen finden sie beruhigend.

  • Häufigkeit: Etwa 10-20% aller bekannten Schwangerschaften enden in einer Fehlgeburt. Die tatsächliche Zahl könnte höher sein, da viele Fehlgeburten auftreten, bevor eine Frau überhaupt weiß, dass sie schwanger ist.
  • Frühester Zeitpunkt: Die meisten Fehlgeburten passieren im ersten Trimester, also in den ersten 12 Wochen der Schwangerschaft.
  • Ursachen: Die häufigsten Ursachen für Fehlgeburten sind chromosomale Anomalien beim Fötus. Andere Ursachen können hormonelle Probleme, Infektionen, strukturelle Probleme mit der Gebärmutter oder Gebärmutterhals und Gesundheitsprobleme der Mutter wie Diabetes oder Schilddrüsenerkrankungen sein.
  • Risikofaktoren: Das Risiko für eine Fehlgeburt steigt mit dem Alter der Mutter. Frauen über 35 Jahre haben ein höheres Risiko. Weitere Risikofaktoren sind Rauchen, Alkoholkonsum, Drogenmissbrauch, extreme Fettleibigkeit und bestimmte chronische Krankheiten.
  • Symptome: Häufige Symptome einer Fehlgeburt sind vaginale Blutungen, Bauchkrämpfe und das Abgang von Gewebe aus der Scheide. Allerdings können einige Fehlgeburten symptomlos verlaufen und nur bei einem Ultraschall festgestellt werden.
  • Behandlung: Nach einer Fehlgeburt kann eine Behandlung notwendig sein, um sicherzustellen, dass alle Schwangerschaftsgewebe entfernt werden. Dies kann durch natürliche Abgänge, Medikamente oder einen kleinen chirurgischen Eingriff, genannt Kürettage (D&C), geschehen.
  • Emotionale Auswirkungen: Fehlgeburten können erhebliche emotionale und psychologische Auswirkungen haben. Viele Frauen und Paare empfinden Trauer, Schuldgefühle und Depressionen nach einer Fehlgeburt. Unterstützung durch Familie, Freunde oder professionelle Berater kann hilfreich sein.
  • Zukünftige Schwangerschaften: Die meisten Frauen, die eine Fehlgeburt erlebt haben, haben gute Chancen, in zukünftigen Schwangerschaften ein gesundes Baby zu bekommen. Etwa 85% der Frauen mit einer vorherigen Fehlgeburt erleben eine erfolgreiche Schwangerschaft beim nächsten Mal. Bei wiederholten Fehlgeburten (drei oder mehr in Folge) kann eine medizinische Untersuchung helfen, zugrunde liegende Probleme zu identifizieren.

Weiterführende Links

Dieses Forum hat mir damals sehr geholfen. Schaut mal rein oder sucht euch einen anderen sicheren Ort, um über das Erlebte zu sprechen.

https://www.9monate.de/

Hier ist eine tolle Auflistung von Eltern.de mit vielen Anlaufstellen.

https://www.eltern.de/schwangerschaft/beratungsstellen-nach-fehlgeburt–hier-findest-du-hilfe-13216608.html

Ich hoffe, dass ich damit meinen Teil dazu beitragen kann, das Stigma rund um Fehlgeburten zu verringern, damit Betroffene nicht mehr das Gefühl haben, sich schämen zu müssen.

Liebe Grüße eure Christina

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